„Stimmung in Paris war einzigartig“
Mannschaftsarzt aus Freiburg betreut Olympia-Mannschaft
Dr. Hans-Peter Boschert aus Freiburg ist Mannschaftsarzt der deutschen Turner und war gerade bei den Olympischen Spielen in Paris. Über seine Eindrücke und Aufgaben hat er mit ergo-Redakteurin Martina Tröscher gesprochen.
Wie lange sind Sie schon als Mannschaftsarzt tätig?
Ich bin schon seit 1990 dabei und habe an sechs Olympischen Spielen sowie an 22 Welt- und 30 Europameisterschaften teilgenommen.
Wie kommt man zu so einem Job?
In unserer Praxiskooperation sind traditionell viele Ärzte als Verbandsärzte von Spitzenverbänden des Deutschen Olympischen Sportbundes tätig. Ich wurde von einem Kollegen gefragt, ob ich dieses Amt von ihm übernehmen möchte. Da ich selbst Turner war, fand ich diese Aufgabe natürlich spannend.
Wie viele Tage im Jahr sind Sie für den Sport unterwegs?
Da ich nicht nur bei den Wettkämpfen mit dabei bin, sondern auch bei den Trainingslehrgänge kommen etwa 40 bis 50 Betreuungstage pro Jahr zusammen.
Wie organisieren Sie das in der Praxis?
Das lässt sich gut planen und organisieren, da es einen Jahresplanung gibt. Es ist von Vorteil, dass ich in einer großen Praxiskooperation tätig bin und meine Kollegen mich vertreten.
Sie sind gerade zurück aus Paris. Wie war die Atmosphäre?
Es waren tolle Wettkampfstätten. Die Hallen waren immer ausverkauft und die Zuschauer sind voll mitgegangen. Die Stimmung in Paris war einzigartig!
Was hat Sie besonders beeindruckt?
Die vielen internationalen Volunteers, die in Paris geholfen haben. Diese freiwilligen Helfer aus aller Herren Länder waren überaus freundlich und hilfsbereit. Sie haben wesentlich zur guten Stimmung beigetragen.
Und was hat nicht so gut geklappt?
Mit dem Transport gab es Probleme. Die Busse waren teilweise zu klein und nicht klimatisiert, auch waren viele Fahrer nicht ortskundig. Aus 20 Minuten Weg wurden dann schnell mal 60 Minuten.
Wer gehört zum Team?
Die Athleten werden von einem großen Tross begleitet: Cheftrainer, Heimtrainer, Arzt, Physiotherapeut, Psychologe, Ernährungsberater und meistens auch der Sportdirektor oder Teammanager des Verbandes. Bei Minderjährigen sind auch oft auch die Eltern vor Ort.
Gab es für Sie viel zu tun?
Nein, glücklicherweise nicht. In Paris gab es keine einzige Verletzung bei unseren Turnern. Das habe ich so auch noch nie erlebt.
Was sind typische Aufgaben eines Mannschaftsarztes?
Zu den Aufgaben eines Mannschaftsarztes gehört nicht nur die Betreuung der Sportler bei Wettbewerben wie jetzt bei den Olympischen Spielen, sondern das ganze Jahr über auch bei den Trainingslehrgängen.
Hilft es Ihnen, dass Sie selbst Turner waren?
Auf jeden Fall! Es ist ein Vorteil, wenn man sich mit den Belastungen, Risiken und den Bewegungsabläufen selbst gut auskennt und nachvollziehen kann, was die Sportler schildern.
Was sind die häufigsten Verletzungen?
Bei den Turnern kommen häufig Verletzungen des Sprunggelenks und der Kreuzbänder vor, auch Überlastungsprobleme der Schultergelenke. Bei den Wettkämpfen gilt es dann anhand der klinischen Diagnostik zu entscheiden, kann er weitermachen oder nicht. Dazu braucht es viel Erfahrung.
zur Person
Dr. med. Hans-Peter Boschert (64) ist seit 1993 als Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin im MVZ „Die Sportorthopäden an den Heilquellen“ in Freiburg niedergelassen. Seit 1990 betreut er als Verbandsarzt beim Deutschen Turnerbund die Mannschaft der Männer.